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06/02/2005: "bringen europas scherben glück?"


erst frankreich, dann holland: beide erteilten der europäischen verfassung per volksabstimmung eine saftige absage - eine krachende watschn für die EU. grundsätzlich bin ich ja wirklich ein verfechter der europäischen idee und sehe sie als einzig richtige möglichkeit mit der ohnehin nicht aufzuhaltenden globalisierung zurechtzukommen. als ich aber vorgestern nun eine vorlesung über den europäischen haftbefehl (umgesetzt in deutschland seit juli 04 im EuHbG) hörte, kamen mir gewaltige zweifel, vor allem weil mir bewusst wurde was deutschland der internationalisierung opfert: seine überaus wertvolle rechtsordnung! die vorstellung, dass ein deutscher für eine in deutschland begangene und hierzulande straffreie handlung an einem anderen deutschen unter umständen an ein anderes land ausgeliefert (neue eu-diktion: "übergeben") werden MUSS, bereitet mir dann doch übelste bauchschmerzen. wir stellen damit gleich mehrere (teils grundrechtsgleiche!) rechte, ihreszeichens zentrale elemente der rechtsordnung, zur disposition, so etwa die rechtsweggarantie aus 103 I GG und den bestimmtheitsgrundsatz - das kann unmöglich richtig sein! das sehen die rotroben des bundesverfassungsgerichts hoffentlich genauso: wenn sie einst entschieden, dass die EU solange freie hand habe, wie der dabei geltende grundrechtsschutz dem niveau der deutschen verfassung entspricht (solange II), dann müssten sie jetzt konsequenterweise die notbremse ziehen und die abgegebenen kompetenzen allereiligst zurücknehmen: time to kick in, karlsruhe!

nun, da die zweifel also einmal erwacht waren, warf ich mal einen genaueren blick auf die angestrebte europäische verfassung - und wusste gar nicht ob ich ihr auch nur eine träne nachweinen sollte... da gibt es so einige stellen, an denen für meinen geschmack einfach zu viel autonomie verloren geht - besonders weil ich (ohne zugegebenermaßen allzu viel vergleichsmöglichkeit zu haben) das deutsche rechtssystem generell für eines der besten halte! insofern gefiel mit gut, was ich heute in der "welt" las: nämlich roland vaubels (ecg) vermutung, dass europas scherben, besser gesagt die der abgeschmetterten europäischen verfassung, ganz gemäß dem sprichwort durchaus glück bringen könnten. nun, da sie zersprungen in ihre einzelteile am boden liege, so vaubel, könne und solle man vielleicht aus dem scherbenhaufen die an sich einwandfreien einzelstücke herauspicken und - sofern mehrheitsfähig, natürlich! - sukzessive in die europäische union inkorporieren. auf diese weise könne man sich vielleicht noch einiger "giftzähne" entledigen und sei dennoch nicht gezwungen völlig stehenzubleiben. für mich klingt das wie das einzig richtige.


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