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09/26/2005: "die stadt / das dorf"


Sehr weit ist diese Nacht. Und Wolkenschein
zerreißet vor des Mondes Untergang.
Und tausend Fenster stehn die Nacht entlang
und blinzeln mit den Lidern, rot und klein.

Wie Aderwerk gehn Straßen durch die Stadt,
unzählig Menschen schwemmen aus und ein.
Und ewig stumpfer Ton von stumpfem Sein
eintönig kommt heraus in Stille matt.

Gebären, Tod, gewirktes Einerlei,
Lallen der Wehen, langer Sterbeschrei,
im blinden Wechsel geht es dumpf vorbei.

Und Schein und Feuer, Fackeln rot und Brand,
die drohn im Weiten mit gezückter Hand
und scheinen hoch von dunkler Wolkenwand.

Georg Heym

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Sehr weit ist diese Nacht. Ganz wolkenlos,
der Mond scheint klein, der Rest ist Sternenglanz.
Umhüllt vom Dunkel stehn am Boden ganz
vereinzelt schüchtern scheinend Häuser bloß.

Fast einem Bachlauf ähnelnd windet sich
die Straße, und nur einer geht einher.
Sich sanft im Nachtwind wiegend spielt ein Meer
aus Blättern rauschend mit bedachtem Strich.

Sein und Nichtsein, Hoch und Tief im Leben
sehend, kann man doch von hier aus eben
aus dem Menschsein nach der Höhe streben,

sicher vor der Stadtsirenen Stanzen
ungezwungen mit den Nymphen tanzen,
teilhaft eines wunderbaren Ganzen.

Florian Pfeifer

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