Sunday, July 24th

Doppel-D – A Schnitzl, bitte!


„I lieg untam / weissblauan Himmi, // d’Fiass im Wossa, / Biachin ziag’i hintri, // neba mia / d’ Konkubii // im Bikini, / haha - i bin da Kini!“

, rappen Doppel-D auf „A Schnitzl, bitte!“, ihrem Debütalbum, und diese Zeilen prägen sich einem ins Hirnkastl. Montiert auf einen relaxten Beat und gespickt mit souligen Samples beweisen sie: Das „savoir vivre“ müsste eigentlich „as guade Lebm“ heißen. Die drei Jungs aus dem Bayerischen Wald, allesamt keine unbeschriebenen Textblätter mehr in Sachen Hiphop, bekennen frei, was uns schon nach den ersten Hörproben schwante: „Mia moch ma bayrischn Rap!“

Nun ist das allein ja nichts direkt Neues - man denke etwa an den Sportclub Haidenkrampf, Monaco Lightz oder auch die Dicken Lippen. Allein: Doppel-D können mehr. Ihre tracks muten vor allem durchdachter und ein bisschen reifer an. Wo andere sich lächerlicherweise in Ghettoklischees ergehen als wäre das Hasenbergl das richtige Compton, gelingt es den musikalischen Pionieren aus Niederbayern meist, das ganze genretypische Gepose und Gedrohe in ironischer Brechung ins Bayrische zu biegen: „Geidbeidl aussa, hea mid de Schdeian!“, fordern sie zum Beispiel auf der deichkindesken Singleauskopplung.
Diesen Vorsprung vor den meisten anderen Bayern-Rappern festigen Doppel-D durch die Konzeption ihrer Platte: „A Schnitzl, bitte!“ ist ein Themenalbum. Während – so der Rahmen - ein Ehepaar auswärts speist, vergnügen sich Sohn und dessen Freundin im sturmfreien Zuhause mit Schokoeis – und He-Man-Kassetten. In diesen denkbar wirren Handlungsstrang reihen die Drei ihre dementsprechend abwechslungsreichen Songs, darunter die oben genannten Goldstücke, aber leider auch – alles andere wäre ein Wunder - ein bisschen Blech. Mal fallen etwa die Beats zu aggressiv aus; was den stimmgewaltigen MOP hervorragend stehen mag, stellt die drei niederbayerischen Mundartakrobaten allzu sehr und grundsätzlich zu unrecht in die Ecke „wannabe“. Und auch wenn Doppel-D, sobald sie sich auf Hochdeutsch versuchen, ein bisschen wie die österreichischen Texta klingen und also deren harte Konkurrenz fürchten müssen, haben sie dennoch mit „A Schnitzl, bitte!“ ein phantasievolles, facettenreiches Debüt hingelegt, das in seiner Vergleichsgruppe ganz vorne mit dabei und somit eine klare Empfehlung wert ist. Wer außerdem schon immer hören wollte, wie sich ein 50-Cent-Beat auf der Zither anhört, kann mit dieser Scheibe nichts falsch machen.

Florian on 07.24.05 @ 11:59 PM GMT [link]


Weezer – Make Believe


Ziemlich genau drei Jahre ist es her, dass Weezer mit „Maladroit“ (2002) ihr letztes Album herausbrachten. Viel Zeit – die die vier kalifornischen Musiker nicht ungenutzt ließen. Versessen arbeiteten sie am Nachfolgewerk und scheuten keinerlei Aufwand: Sie machten an manchen Tagen 24 Probeaufnahmen, holten den legendären Produzenten Rick Rubin ins Boot und mieteten für Songschreiber Rivers Cuomo ein ruhiges Loft direkt am Sunset Strip, in dem sich nichts befand als eine Yogamatte, ein Löffel und eine Schüssel. (Cuomo: „Hey, there was no bowl!”) In der großen Weezer-Fangemeinde hatte sich indes längst eine immense Spannung aufgebaut: Würde die Band nahtlos an die harten und eigenwilligen Klänge von „Maladroit“ anknüpfen, oder sich stattdessen auf ihr Bekenntnis zu poppigen Einflüssen rückbesinnen („Weezer“, „Pinkerton“)? Wie würde die neue Platte klingen?
Um es vorwegzunehmen: „Make Believe“ orientiert sich an den frühen Bandjahren, verzichtet auf allzu grobe Gitarrenhämmer. Dennoch rockt das Album – und wie! Das Konzept ist völlig schnörkellos, so simpel wie Gitarrenmusik eben sein muss – der Rolling Stone nennt das „naked honesty“. Nichtsdestotrotz steckt es voll Rivers-typischer kunstvoller Schenigeleien: Der Weezer-Frontmann darf wieder nach Lust und Laune in jammernd-hohem Singsang an den Tönen vorbeischrammen und einem damit Gänsehaut auf den Rücken zaubern, zum Beispiel in „Perfect Situation“. Er darf Stücke fabrizieren wie „Hold Me“, in denen sich bedächtige Akustikläufe und verzweifelt dröhnende Distortion-Gitarren als zwei eng verwandte und doch grundverschiedene Gefühle begegnen. Und er darf solche sich erst nach mehrmaligem Hören erschließende Kleinode wie „Peace“ texten und darin herrlich defätistisch klagen: „there is no way / i can stop // my poor brain / is gonna pop“.
Neben all dem Schwermut macht sich aber natürlich auch wieder die sonnige Kalifornierseele deutlich bemerkbar – zum Beispiel in der Singleauskopplung „Beverly Hills“: catchy Riff aus drei Akkorden, „boom-boom-chop“-Beat, dann noch schnell für den Videodreh Heerscharen echter Fans nach PlayboyMansion, Hollywood, gekarrt – fertig ist der sommerliche Smashhit, der aus „Make Believe“ abgesehen von ein, zwei schwachen Songs eine runde Sache macht.
Dieser Meinung scheinen indes bei weitem nicht alle Rezensenten zu sein: Mal beklagen sie, der Chili-Peppers-Produzent Rubin hätte den Weezer-Sound über die Maßen weichgespült und ihm die typischen Konturen genommen, mal wird den neuen Stücken der Kalifornier generell Belanglosigkeit vorgeworfen. Die Kritiker vergessen dabei aber zwei Dinge. Nummer eins: Weezer waren schon immer subjektiv, persönlich-emotional und damit per se potenziell belanglos. Genau das ist und bleibt ja das Schöne daran! Und zweitens: Es liegt im Wesen von Menschen sich zu verändern und zu entwickeln. Wer tatsächlich ein zweites „Pinkerton“ oder ein passgenaues Sequel zu „Blue“ erwartet hatte, erwartete Unmögliches. „Make Believe“ steht für einen Prozess, einen Wandel. Für die neuen Weezer – in altbekannter Brillanz.

(beide meiner kritiken erschienen im sp #20, juli 2005)
Florian on 07.24.05 @ 11:57 PM GMT [link]


Friday, July 22nd

ich glaub ich spinn!


armes deutschland

traurige erkenntnis des tages: vollpfosten gibt es auch vor meiner haustür.
armes deutschland.
Florian on 07.22.05 @ 04:27 PM GMT [link]


Saturday, July 16th

die dinge wiederholen sich / atmosphärischer schluckauf


es ist schon komisch: damals, in der nacht vor polizeirecht, tobte ein gewitter über meiner dachwohnung, wie ich bis dahin kein zweites erlebt hatte. die von ringsherhum dumpf polternden donnerschläge schienen direkt über mich hinwegzurollen, blitzhell leuchteten die wände. heute, vor familienrecht, so gegen vier uhr nachts dasselbe spiel: wieder wackelte alles, wieder war das schauspiel so intensiv, dass es mich aus dem schlaf riss. das ist nicht das angenehmste, wenn man am nächsten tag einen papierkrieg zu gewinnen hat - heul, heul.

übrigens hat sich dann konsequenterweise noch etwas wiederholt: polizeirecht war schon verdammt hart zu machen, und familienrecht reihte sich da heute nun recht adrett ein. eine spontane kurzumfrage nach abgabe ergab: fast alle waren erstmal konsterniert vor der angabe gesessen und hatten sich auf der verzeweifelten suche nach den entscheidenden normen im gesetzestext gar fürchterlich verzettelt. ich auch. entweder ich lese den sachverhalt und weiß sofort was gespielt wird, oder ich komme nach kurzem überlegen drauf. wenn aber nach ein paar minuten noch keine überzeugende idee auf dem skizzenblatt steht, wirds meistens hektisch, und dann enstehen schon mal irgendwelche phantastischen rechtsansichten - genau wie heute. mal sehen, ob meine auf mageren acht seiten dargelegten revolutionären ansichten unter den korrektoren anhänger finden...
Florian on 07.16.05 @ 12:16 PM GMT [link]


Thursday, July 14th

alles andere ist primär, auch diese verdammten klausuren


only love

dies als gedankenanker.

(geklaut bei don dahlmann. art needs to be copied.)
Florian on 07.14.05 @ 10:45 PM GMT [link]


Tuesday, July 12th

das ist es, was religion auch bewirken kann


holland im letzten november: ein fanatischer gotteskrieger erschießt auf offener straße einen liberalen regisseur. dann schneidet er ihm die kehle durch und hinterlässt mithilfe seines messers eine drohbotschaft auf dem leblosen körper. ihm wird der prozess gemacht, doch er schweigt - mit einer ausnahme: auf die frage nach seinem motiv rezitiert der junge mann einen koranvers. dann ist er wieder still und straft die weltliche justiz mit nichtbeachtung. kein wunder, wo er doch in seinem testament festgehalten hat, er erwarte blutüberströmt zu sterben und dafür von seinem letzten gericht mit dem leben im paradies bedacht zu werden.
wenn ich sowas lese, frage ich mich spontan: wo ist denn da bitte noch der mensch dahinter? ist der überhaupt noch ein mensch? er selbst sieht sich ja als werkzeug gottes. na prost. "da lob' ich mir doch den dalai lama!", schnappte ich neulich in anderem zusammenhang auf. und tatsächlich: der lebt wenigstens (noch) und kann sich zur wehr setzen gegen irgendwelche hirnrissigen, hetzerischen und völlig verblendeten interpretationen seiner version von der großen geschichte des lebens.
Florian on 07.12.05 @ 10:08 AM GMT [link]


Sunday, July 10th

kasimir und der 1357er


wenn man sich grade angestrengt übers bgb gebeugt im wortklauben versucht, gibt das meiner erfahrung nach eigentlich selten anlass für gelächter. anders heute. wer auch immer den deutschfilm-klassiker "kasimir, der kuckuckskleber" kennt, liest §1357 BGB mit ganz anderen augen! eingehendere gedankengänge zum zusammenhang zwischen der "deckung des lebensbedarfs" und der pfändung von hinterteilen überlasse ich mit vergnügen dem geneigten leser...
Florian on 07.10.05 @ 08:43 PM GMT [link]


Thursday, July 7th

auch die höhlen von london rauchen jetzt


eigentlich wollte ich gerade über regensburg und seine ungeahnten boheme-qualitäten sinnieren; das erscheint mir aber nunmehr unangemessen angesichts der tatsache, dass gerade eine andere stadt sehr viel ernstere schlagzeilen schreibt: londons ubahn wurde opfer eines quaida-anschlages.
der terror in europäischen großstädten - eine aussicht, die mir auch auf ganz persönlicher ebene angst macht: bald lebe ich selbst mittendrin. und hoffentlich nicht dabei.
Florian on 07.07.05 @ 04:31 PM GMT [link]


¶ home

¶ about

¶ rechtliches

¶ panoptikum

 

 


 
 
© 2008 voo new media